DASH Board: Data Analytics for Sustainable Healthcare
Digitalisierung und personenbezogene Gesundheitsdaten als Potenzial für die Gesundheitsversorgung
Digitalisierungsprojekte im Gesundheitswesen nehmen zunehmend an Fahrt auf. Ärztinnen bieten Beratung und Hilfestellungen via Internet an, Apotheken richten Online-Shops ein und Kliniken setzen auf digitale Informationssysteme. Damit kommen auch Patientinnen zunehmend mit digitalen Angeboten in Berührung und beanspruchen die neuen Dienstleistungen für sich. Sie buchen ihre Termine online, informieren sich im Internet und nutzen Wearables und Apps, um ihre Gesundheitsdaten zu erfassen und zu bewerten. Nicht zuletzt ist hier die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) Anfang dieses Jahres zu nennen, die nach einer Testphase vollumfänglich für Patientinnen zur Verfügung stehen wird.
Welchen Wert haben diese Entwicklungen nun konkret für die Leistungserbringenden sowie für die Patientinnen? Hat ePA tatsächlich schon das Potenzial, einen vollumfänglichen Nutzen für alle Anwender*innen zu stiften?
Digitale Healthcare-Services und ihre Herausforderungen
Vor allem für die Pharmabranche wird der Zugang zu »Patient-Generated Health Data« (PGHD) immer wichtiger, um neue Produkte zu entwickeln und KI-basierte Tools einsetzen zu können. Denn diese bieten immenses Potenzial zur Vorhersage von Krankheiten und Festlegung maßgeschneiderter Behandlungspläne. Im Bereich der pharmakologischen Forschung können durch Daten neue Medikamente und Behandlungsmethoden abgeleitet werden. Dennoch ist der Anreiz zur Nutzung von Patientenbegleitprogrammen für bestimmte Diagnosen oder Medikationen bislang kaum gegeben – weder für Patientinnen noch für die Pharmaunternehmen.
Die großen Krankenversicherungen entwickeln bereits selbst Lösungen, um den Austausch und Abruf von Gesundheitsdaten zu ermöglichen. Die entstandenen Anwendungen ermöglichen es Patientinnen, sich über Medikamente zu informieren, Impfungen einzutragen, Arztbesuche zu dokumentieren oder persönliche Empfehlungen zu Vorsorgeuntersuchungen zu
erhalten (z.B. TK-Safe der TK). Hinzu kommen Plattformen, die für eine bundesweite Nutzung angedacht sind (z.B. Digitales Gesundheitsnetzwerk der AOK-Gemeinschaft). Doch damit sind längst nicht alle Leistungserbringenden mit ihren Kundinnen und Patientinnen vernetzt. Zudem stehen die meisten Lösungen im E-Health-Bereich noch am Anfang und beschränken sich bislang auf die großen deutschen Krankenkassen und ihre Versicherten.
Ein vielfach erwähnter Mehrwert der Digitalisierung in Krankenhäusern ist die Vermeidung von Doppeluntersuchungen, wenn Befunde unterschiedlicher Leistungserbringenden oder Behandlungshistorien von Patientinnen digital abrufbar sind. Der schnellere Überblick zu Anamnese- und Behandlungsdaten gibt den Behandelnden dadurch mehr Zeit für ihre Patientinnen. Ein elektronischer Medikationsplan kann zudem helfen, Allergien und Unverträglichkeiten frühzeitig zu bemerken, um unerwünschte Reaktionen auf eine Medikamentengabe zu vermeiden. Diese Vorteile fördern nicht nur die Kommunikation innerhalb des Krankenhauses, sondern ebenso den Austausch zwischen Fach- und Hausärzt*innen, Apotheken und Rehazentren. Jedoch bleiben die Möglichkeiten der Zusammenführung und Auswertung von Informationen in Krankenhäusern über
die bloße digitale Bereitstellung dieser bisher unerwähnt.
Den Umgang mit Daten und Informationen optimieren – auch zu Forschungszwecken
Viele Patient*innen zeigen große Bereitschaft, ihr Verhalten z.B. über Wearables selbst zu analysieren und optimieren, und stellen ihre Daten auch zu größeren Analysezwecken zur Verfügung, wenn sie darin einen Nutzen sehen. Aber welcher Nutzen lässt sich für Patientinnen aus der Verwendung digitaler Services und der Verfügbarkeit ihrer Daten ziehen? Welche individuellen Anreize können für Patient*innen geschaffen werden?
Mit Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) wächst nun auch in Deutschland das Potenzial, Daten in elektronischer Form zusammenzuführen; eine große Herausforderung besteht jedoch in der Nutzbarmachung eingescannter Dokumente und der Pseudonymisierung von Daten. So soll beispielsweise für Universitätskliniken eine forschungskompatible ePA zur Verfügung gestellt werden, um Forschungseinrichtungen den Zugriff auf Gesundheitsdaten zu ermöglichen. Denn die Potenziale für den Aufbau von medizinischen Registern sind groß, da sie einen wichtigen Beitrag zum Fortschritt in zahlreichen Gebieten der Medizin leisten, wie der Prävention, Therapieoptimierung oder Ursachenforschung.
Mit Blick auf die Potenziale von Gesundheitsdaten leisten insbesondere Hersteller von medizinischen Geräten zu einheitlichen Datenformaten und -übertragungsmöglichkeiten
einen wertvollen Beitrag. Die Hersteller werden jedoch bei den Ansätzen zum Aufbau einer Telematikinfrastruktur oft kaum
berücksichtigt.
Im medizinischen Bereich haben es auch Startups schwer: Das Business der Krankenhäuser, Pharmaunternehmen und medizinischen Gerätehersteller ist geprägt von hohen Investitionen, langen Entwicklungszeiten und einer Unmenge gesetzlicher Regelungen. Gesundheitsbewussten und informierten Patient*innen dauern die Entwicklungen der »Großen« jedoch oft zu lange. Dabei sind sie gerne bereit, neue Apps und medizinische Gadgets zu nutzen. Künstliche Intelligenz als neue Technologie wird nun von Startups aufgegriffen und mit wertvollen Ideen in Anwendungen umgesetzt (Übersicht neuer Startup-Anwendungen: https://healthcare-startups.de/). Und doch besteht die Gefahr einer Ausbremsung der Innovationen, weil nicht genügend Daten für die entwickelten Algorithmen zur Verfügung stehen.
Künstliche Intelligenz: Chancen, Risiken und Nebenwirkungen
Die Umsetzung der elektronischen Patientenakte (ePA) steht in Deutschland bereits in den Startlöchern. Sie bildet den Ausgangspunkt für eine flächendeckende Telematikinfrastruktur, also einem vernetzten, digitalen Ökosystem, in dem alle relevanten Akteure des Gesundheitswesens miteinander kommunizieren können. Mit Hochdruck wird daran gearbeitet, eine ansprechende Nutzeroberfläche, ein hohes Maß an Datensicherheit, ein zuverlässiges Rechte-, Zugriffs- und Einwilligungsmanagement umzusetzen und nicht zuletzt eine nahtlose, standardisierte Anbindung an die Vertrauensarchitektur der Telematikinfrastruktur zu realisieren. Diese Entwicklungen gilt es stets im Auge zu behalten.

Das Netzwerk DASH Board möchte bereits heute damit anfangen, diese Aspekte weiter zu denken. Die Umsetzung der ePA wird dabei als Mosaiksteinchen verstanden, welches eine weitere Datenquelle für die Anwendungen von DASH Board bereitstellt. Da jedoch bereits jetzt gesundheitsbezogene Daten in ausreichender Menge vorliegen, sollte mit der Entwicklung von Patient-Generated Health Data Services nicht gewartet werden.
Welchen Teil tragen smarte Lösungen zu diesem Prozess bei? Künstliche Intelligenz kommt immer dann ins Spiel, wenn eine große Datenmenge in diversen Formaten und aus unterschiedlichen Quellen vorliegt. So werden auch in der ePA vorerst Daten mit diesen Eigenschaften zur Verfügung stehen, z.B. Bilddateien von Röntgenaufnahmen, Arztbriefe im PDF und ICD-10 Codes einer Diagnose. Bereits hier können KI-Methoden helfen, die Daten einzulesen, zu interpretieren und zu annotieren, um sie dadurch mit weiteren Algorithmen automatisiert verarbeitbar zu machen. Unterstützt mit der Expertise des KI-Fortschrittszentrums werden in DASH Board die an dieser Stelle des Prozesses einsetzbaren KI-Methoden vorgestellt und bewertet.
In einem nächsten Schritt können Mechanismen der KI-Muster in den vorliegenden Daten erkennen, Anomalien detektieren und Subgruppen entdecken. In DASH Board werden Anwendungsszenarien entwickelt, die den Nutzen unterschiedlicher Analyseansätze rechtfertigen. Auf welchen Geräten ist die Auswertung dann für die unterschiedlichen Beteiligten verfügbar und in welcher Form wird sie sichtbar gemacht? Damit möchte sich das Netzwerk DASH Board bei der Entwicklung von Mockups beschäftigen.
Das Netzwerk DASH Board
Das Netzwerk DASH Board knüpft an die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen sowie den aktuellen Diskurs an und greift die Lücken aktueller Datennutzung auf, um neue Ansätze zu entwickeln. Der Umgang mit Gesundheitsdaten, der die souveränen Versicherten in den Mittelpunkt stellt, die Garantie eines hohen Datenschutzniveaus bietet, Vertrauen vermittelt, aber zugleich forschungskompatibel und für die Leistungserbringenden von hohem Nutzen ist, bewegt sich in einem Spannungsfeld unterschiedlicher Erwartungen und Interessen. DASH Board lädt daher Krankenkassen, Pharmaunternehmen, medizinische Gerätehersteller, Krankenhäuser, Healthcare-Startups und Forschungseinrichtungen ein, gemeinsam Lösungsansätze für neue Services, Apps und Datenanalyseformate zu diskutieren, prototypisch umzusetzen und frühzeitig von Patient*innen bewerten zu lassen.
Das Netzwerk hat das Ziel, über eine gemeinsame Nutzung von Gesundheitsdaten den größten Mehrwert für alle Beteiligten zu schaffen. Dazu werden konkrete Anwendungsszenarien prototypisch umgesetzt und darüber ein hohes Maß an Außenwirksamkeit erzielt.
Folgende Fragestellungen werden im AI Innovation Seed DASH Board beantwortet:
Wie entwickle ich für mein Unternehmen/meine Institution ein wertvolles Anwendungsszenario, in dem die Nutzung von Gesundheitsdaten eine Rolle spielt?
Wie verändern sich die gesammelten Anwendungsszenarien unter dem Einfluss von Big Data?
Nutzt oder liefert mein Unternehmen Daten, die auch für andere Leistungserbringende von Interesse sein können?
Welche Daten und -formate sollten sich in einem Datenpool befinden, der Mehrwert für unterschiedliche Leistungserbringende besitzt?
Mit welcher Motivation möchten unsere Patient*innen ihre Gesundheitsdaten teilen?
Welche Potenziale bieten die unterschiedlichen Informationen von Patient*innen?
Angesprochen sind Unternehmen, Institutionen und Menschen, die ein eigenes Interesse mitbringen, Gesundheitsdaten zu nutzen, sich darüber hinaus aber auch für die Anliegen anderer interessieren und die Chancen einer gemeinsamen Datennutzung erkennen

Die Vision: Nachhaltigkeit fördern durch Datenspenden
Aus dem Kundenmanagement ist bekannt: Je genauer das Wissen über die Kundinnen ist, desto besser können ihnen passgenaue Dienstleistungen geboten werden. Im Umgang mit Patient*innen verhält es sich ähnlich. Individuelle Leistung führt zu Therapietreue und Behandlungserfolg. Doch jedes Patient*innenprogramm und jeder Therapie-Generator funktioniert nur so gut, wie es die Datengrundlage erlaubt. Dazu sind zwei zentrale Schritte notwendig: Zunächst geht es darum, die Informationen zu den Patientinnen zu sammeln und zu verstehen, um die gewonnenen Daten im zweiten Schritt mit möglichst vielen weiteren Patient*innendaten zusammenzuführen und auszuwerten. Dann erst kann von individueller Leistung gesprochen werden.
Klar ist, dass effektive Pseudonymisierungstechniken sicherstellen müssen, dass forschende Einrichtungen die Personen hinter den einzelnen Datensätzen nicht identifizieren können. Eine rechtskonforme Einwilligung seitens der Patientinnen in die »Datenspende«, also die Übermittlung ihrer Daten an die Forschung, ist unumgänglich. Dennoch gilt es bereits jetzt, Anreizstrukturen für Datenspenderinnen zu schaffen. Denkbar wäre es, einzelne Ergebnisse – vermittelt über eine Vertrauensstelle – an die betroffenen Personen zurückzuspielen, um auch Nutzende aktiv am Optimierungsprozess teilhaben zu lassen. So würden Patient*innen, die z.B. ihre Befunde über die Dauer einer Therapie für die Forschung bereitgestellt haben, aus erster Hand erfahren, zu welchen Ergebnissen die radiologische Abteilung eines Universitätsklinikums im Hinblick auf neue Behandlungsmethoden gekommen ist. Als weiterer Anreiz bietet sich eine Gesundheitsplattform an, auf der sich Patient*innen über den neusten Stand der Forschung zu verschiedenen Symptomen und Krankheitsbildern informieren.
Zentrum der Bemühungen muss stehen, sichere und nutzerfreundliche Systeme zu entwickeln, die auf der künftigen Telematikinfrastruktur aufsetzen können.
Wie ist eine Teilnahme im Netzwerk DASH Board möglich?
Die Teilnahme am geförderte AI Innovation Seed DASH Board ist für Sie kostenlos. Bewerben können sich Unternehmen mit Sitz oder mindestens einer Niederlassung in Baden-Württemberg, die einen entsprechenden Beitrag im Projekt erbringen können